Es ist irgendwie immer das gleiche. Ein Tag geht zu Ende, wir widmen uns mürrisch der Abendtoilette und trotten schon etwas schläfrig Richtung Schlafzimmer. Wir setzen uns auf die Bettkante, tasten im halbdunkeln den Boden neben dem Bett nach dem Wecker ab, stellen die Weckzeit ein und legen uns schlafen. Morgen ist ein neuer Tag. Der Wecker wird uns unsanft daran erinnern und wir werden mürrisch die Augen öffnen. Wie immer.

So, oder so ähnlich muss es bei Manfred Schmidt^* in der Nacht vom 30. September auf den 1. Oktober 2002 gewesen sein. Alles, was danach folgte ist ein Alptraum. Morgens wachte er auf und war plötzlich blind. Wie das Solinger Tageblatt am 20. September 2003 berichtete, verlor Manfred Schmidt von einem Tag auf den anderen nahezu völlig sein Augenlicht. Alles war schwarz, im besten Fall noch milchig-grau. Als Folge seiner langjährigen Zuckerkrankheit war der 54-jährige Solinger nahezu erblindet.

Manfred Schmidt erfuhr im Alter von 24 Jahren von seiner Zuckerkrankheit. "Mit Zucker leben viele Menschen. Das ist zwar eine Behinderung, doch man kann sich darauf einstellen." Die große Gefahr der Zuckerkrankheit liegt in ihrer Begleiterscheinung, denn statistisch gesehen erblinden zwei von zehn Zuckerkranken.

Für Manfred Schmidt ist es eine Katastrophe. Plötzlich fast blind zu sein bedeutet für ihn, wie ein kleines Kind alles neu erlernen zu müssen. Das verändert nicht nur das Leben, sondern den Menschen selbst. Es verändert den Geist und die Seele. Als blinder Mensch erfährt man die Welt eben ganz anders. Der Umgang mit anderen Menschen verliert seine Selbstverständlichkeit: "Das Schlimmste ist, dass ich meinem Gegenüber nicht mehr ins Gesicht schauen kann, um dessen wahre Reaktion und Gesinnung zu erkennen."

Aber Manfred Schmidt will kämpfen und wieder ins Leben zurückfinden - eigenständig. Dabei hilft ihm auch die moderne Technik. Statt eines Einkaufzettels verwendet er zum Beispiel ein Diktiergerät. Seinen PC hat er durch einen Blindencomputer ersetzt, einen ohne Bildschirm, der über einen Scanner alle Informationen in Sprache umsetzt. Sogar einen sprechenden Internetanschluss hat er seit kurzem. Seine sprechende Armbanduhr vermeldet ihm die Uhrzeit und sein neues Mobiltelefon hört ebenfalls aufs Wort.

Diese technischen Hilfsmittel können betroffene Menschen nicht heilen, aber sie können ihnen mittlerweile eine Menge Lebensqualität und Teilhabe in unserer Gemeinschaft zurückgeben. Manfred Schmidt möchte übrigens noch gerne die Blindenschrift erlernen. Doch bisher hat sich noch niemand bereit erklärt die Kosten dafür zu übernehmen. Wenn Sie ihre Hilfe anbieten wollen, wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion des Solinger Tageblatt.

* Den Namen des Betroffenen haben wir geändert. Der gesamte Artikel in Originalfassung ist im Solinger Tageblatt, in der Ausgabe vom 20. September 2003 nachzulesen.