Barrierefreie PDF prüfen – mit Tools testen
Kürzlich ist eine neue Version des PDF Accessibility Checker (PAC) erschienen, eine gute Gelegenheit, um die verschiedenen Möglichkeiten PDF-Dokumente auf Barrierefreiheit zu überprüfen vorzustellen. Folgende Werkzeuge werden nachfolgend kurz behandelt und bieten eine gute Grundlage für einen umfassenden Prüfprozess für barrierefreie PDF-Dokumente: PDF Accessibility Checker (PAC), BaNu (ein Online-Prüftool des Bundesverwaltungsamts – Bundesstelle für Informationstechnik), Adobe Acrobat Pro (internes Testtool „Vollständige Prüfung“) sowie ein Test mit einem kostenlos verfügbaren Screenreader wie NVDA und VoiceOver.
Barrierefreie PDF mit PAC prüfen
Der vom W3C für die Prüfung von PDF-Dokumenten nach WCAG 2.0 (PDF Techniques for WCAG 2.0) empfohlene PDF Accessibility Checker ist ein kostenloses aber nicht minder umfangreiches Prüfwerkzeug, das schnell und bequem Aufschluss über mögliche Barrieren in PDF-Dokumenten liefert.
Der PDF Accessibility Checker, allgemein nur kurz PAC genannt, dient vor allem Experten zur Qualitätssicherung ihrer eigenen Arbeit. Aber natürlich kann es auch Betroffenen und Auftraggebern bei der Beurteilung von PDF-Dokumenten behilflich sein.
Unterstützung bei der Überprüfung durch Vorschaumodus
Der PDF Accessibility Checker bietet eine visuelle Test-Unterstützung durch einen Vorschau-Modus (Accessibility-Preview), welcher aufzeigt, welche Tags im PDF-Dokument enthalten sind. Auf diese Weise lassen sich recht einfach Elemente identifizieren, die von assistierenden Technologien, wie Screenreader, interpretiert wiedergegeben werden können. Arbeitserleichternd wirkt sich sicherlich auch die neue Möglichkeit aus, die Original PDF-Ansicht parallel mit dem PAC Vorschau-Fenster anzeigen zu lassen.
PAC-Prüfungsbericht – prüfen, gegentesten, interpretieren
Der PAC-Prüfbericht ist das wichtigste, aber auch interpretationsbedürftige Ergebnis des PA-Checkers. In dem Bericht wird zu 14 Prüfpunkten (siehe unten) der jeweilige Status mit entsprechenden Meldungen im Falle von Fehlern oder Warnungen ausgeliefert. Die Statusmeldungen des Prüfungsberichts sind navigierbar und führen per Klick zur „angemeckerten“ Position des Fehlers, bzw. der Warnung im PDF-Dokument, welches an der richtigen Stelle in einem Webbrowser geöffnet wird.
Die neue Version 8/2012 des PAC verspricht eine deutlich bessere Programmstabilität und Fehlerbehebung sowie eine verbesserte Unterstützung von aus Adobe InDesign CS 5.5 und auch CS 6 erstellten PDF-Dokumenten und PDF-Formularen. Zur Prüfung von PDF-Barrierefreiheit kann PAC kostenlos auf den Seiten der Stiftung Zugang für alle heruntergeladen werden.
Diese 14 Prüfkriterien testet PAC:
- PDF-Dokument als getaggt markiert Dokumenttitel ist vorhanden
- Dokumentsprache ist definiert
- Korrekte bzw. zulässige Sicherheitseinstellung
- Tab folgt Dokumentstruktur (Lesereihenfolge)
- Dokument konsistent gegliedert
- Lesezeichen vorhanden
- Zugängliche Zeichencodierungen
- Inhalt vollständig getaggt
- Logische Lesereihenfolge
- Alternativtexte vorhanden
- Korrekte Syntax von Tags/Rollen
- Ist der Kontrast bei Texten ausreichend
- Leerzeichen vorhanden
Barrierefreie PDF mit BaNu testen
BaNu ist die Abkürzung für „Barrieren finden, Nutzbarkeit sichern“ und wurde bereits im Jahr 2009, relativ unbemerkt von der Allgemeinheit, als webbasierter Prüfkatalog zur intuitiven Prüfung von barrierefreien, oder vermeintlich barrierefreien, Internetseiten und PDF-Dokumenten veröffentlicht. Das Online-Tool führte erstmals Qualitätskriterien für Barrierefreiheit und Nutzungsfreundlichkeit zusammen, um vor allem Behörden, die der BITV verpflichtet sind, bei der Kontrolle und Optimierung von E-Government-Angeboten zu unterstützen. BaNu hilft also nicht nur bei der Analyse von PDF-Dokumenten, sondern auch bei der Prüfung von Internetangeboten, Office-Dokumenten und Client-Anwendungen. Hier soll es aber um BaNu als Prüfwerkzeug für den Test von barrierefreien PDF-Dokumenten gehen.
So funktioniert BaNu
Für das kostenlose Online-Prüfwerkzeug von BaNu braucht man nach Aussage der verantwortlichen Bundesstelle für Informationstechnik keine Vorkenntnisse. Der gesamte BaNu-Prüfkatalog führt über einfache und verständliche Fragen durch sämtliche Prüfschritte, die ohne spezielles Vorwissen beantwortet werden können sollen. Dort wo zusätzliche spezielle Verfahren, Werkzeuge und Techniken für den Prüfprozess erforderlich sind, werden diese über eine Art FAQ erläutert. Das gesamte Konzept wurde in der Tat sehr intuitiv und merklich mit dem Ziel veröffentlicht, eine Prüfplattform zu schaffen, die möglichst wenig Vorwissen verlangt.
BaNu-Prüfung anlegen und loslegen
BaNu kann grundsätzlich, also anonym, genutzt werden. Um aber eine individuelle Prüfung anlegen zu können muss man sich zunächst als Nutzer registrieren, dafür reicht aber schon ein frei wählbarer Benutzernamen in Verbindung mit einer gültigen E-Mail-Adresse. Diese Zugangsdaten werden ausschließlich für den Anmeldeprozess verwendet und nicht anderweitig verwendet. Nach der Anmeldung kann man für jedes PDF, welches man prüfen möchte, ein neues Prüfprojekt anlegen und verwalten. In diesem Schritt werden alle notwendigen Informationen wie Name der Prüfung, Komplexität der Prüfung, vorhandene technische Hilfsmittel usw. abgefragt. Danach kann es direkt losgehen.
Folgende Aspekte werden für barrierefreie PDF geprüft:
- Ist das Dokument mit Tags ausgezeichnet?
- Kann die Schriftgröße variabel eingestellt werden?
- Werden wichtige Elemente des Dokumentes vollständig ausgezeichnet?
- Ist die Reihenfolge der Tag-Struktur sinnvoll?
- Sind Bilder und Grafiken mit sinnvollen Alternativtexten hinterlegt?
- Sind Tabellen richtig ausgezeichnet?
- Werden Lesezeichen zur Verfügung gestellt?
- Sind die Inhalte mit entsprechenden Auszeichnungen strukturiert?
- Ist die verwendete Hauptsprache im Dokument angegeben?
Es empfiehlt sich auch hier die einzelnen Prüfschritte nacheinander abzuarbeiten. Die Prüfschritte sind als einfache Fragen formuliert, welche als „nicht anwendbar“, „nicht erfüllt“ oder „erfüllt“ bewertet werden können. Jede Bewertung eines Prüfschritts wird gespeichert, sodass eine Prüfung gegebenenfalls auch mal unterbrochen und später vervollständigt werden kann.
Wichtig: BaNu wurde in erster Linie für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der deutschen Verwaltung entwickelt. Die kommerzielle Nutzung von BaNu und deren Prüfergebnissen sowie die werbliche Nutzung sind untersagt, allerdings kann BaNu ansonsten von jedem anderen Interessierten genutzt werden.
Barrierefreie PDF mit Adobe Acrobat Pro testen
Auch Acrobat bietet verschiedene Möglichkeiten, um ein PDF auf Barrierefreiheit zu überprüfen – die „Schnelle Prüfung“, die „Vollständige Prüfung“ und die „Anwender gestützte Prüfung“. Die sogenannte „Schnelle Prüfung“, die in Acrobat Pro unter dem Menüpunkt „Erweitert > Ein-/Ausgabehilfe > Schnelle Prüfung“ zu finden ist, kann man vernachlässigen, da sie keinen Mehrwert bietet und ohne die „Vollständige Prüfung“ und die „Anwender gestützte Prüfung“ keine zuverlässige Aussage über die Barrierefreiheit des geprüften Dokuments zulässt. Für zuverlässige Barrierefreiheit führt nur die „Vollständige Prüfung“ in Kombination mit der „Anwender gestützten Prüfung“ zu gesicherten und zufrieden stellenden Ergebnissen. Durch eine automatische Überprüfung des Dokuments auf gewisse technische Eigenschaften, lassen sich mögliche Barrieren aufspüren.
Einige Voraussetzungen von barrierefreien PDF lassen sich am besten überprüfen, wenn man selbst das Dokument anhand verschiedener Kriterien testet – also manuell ohne Prüftool.
Vollständige Prüfung / Ausgabehilfebericht
Die Vollständige Prüfung, die in Acrobat Pro unter dem Menüpunkt „Erweitert > Ein-/Ausgabehilfe > Vollständige Prüfung“ zu finden ist, bezieht weitaus mehr Accessibility-Kriterien in ihre Untersuchung mit ein als die „Schnelle Prüfung“ und lässt sich zudem auch auf bestimmte Aspekte hin anpassen. Das Ergebnis der „Vollständigen Prüfung“ ist ein umfangreicher Ausgabehilfebericht, der Probleme und Fehler aufdeckt und zum Teil auch schon Empfehlungen für deren Behebung bereithält.
Standardmäßig wird der Bericht anhand einer HTML-Datei dargestellt, die nach der Prüfung im Navigationsfenster „Ein-/Ausgabehilfen“ angezeigt wird. Er liefert eine gute Orientierung, wo noch mögliche Probleme im Dokument vorhanden sind, ermöglicht es, die Problemstellen direkt über Links im Bericht aufzufinden, und gibt, wenn Korrekturhinweise eingeschlossen wurden, detaillierte Anleitungen zur Behebung der Probleme.
Mögliche Fehler im PDF-Dokument könnten u.a. sein
- Keine Tags vorhanden
- Bilder ohne alternativen Text
- Grundsprache nicht angegegben
- Nicht korrekte Zeichenkodierung
- Inkonsistente Tab-Reihenfolge
Manuelle, nicht automatisierte Prüfung
Umfließen-Funktion: Diese Funktion ist für viele barrierefreien PDF eine große Herausforderung, an der viele Dokumente auch scheitern. Die Umfließen-Funktion wird hauptsächlich genutzt, um die Schrift zu vergrößern und so auch für sehbehinderte Nutzer besser lesbar zu machen. Dabei ist es natürlich wichtig, dass trotz der Vergrößerung der Schrift alle Elemente in der richtigen Reihenfolge und gut erkennbar bleiben. Aktivieren Sie über Anzeige > Zoom > Umfließen die Umfließen-Ansicht und kontrollieren Sie, ob das linearisierte Dokument nocht lesbar ist. Testen Sie,ob
- die Reihenfolge der Elemente korrekt abgebildet wird,
- das Layout richtig dargestellt wird,
- alle wichtigen Elemente zu erkennen sind,
- der Text lesbar ist.
Lesereihenfolge: Die Lesereihenfolge ist die Reihenfolge, in der die Elemente auch von Screenreadern oder bei der Umfließen-Funktion wiedergegeben werden. Die Lesereihenfolge kann ebenfalls nicht automatisch getestet werden. Sm diese zu kontrollieren, muss man in Acrobat Pro das Navigationsfenster „Reihenfolge“ über Anzeige > Navigationsfenster > Reihenfolge einblenden. Die einzelnen Elemente im Dokument werden mit transparenten Rahmen gekennzeichnet und entsprechend der Lesereihenfolge durchnummeriert. Hier lässt sich schnell erkennen, ob die Reihenfolge durcheinander ist. In einem solchen Fall kann selbst ein getaggtes Dokument wertlos sein.
Lesezeichen-Test: Überprüfen Sie, dass Lesezeichen angezeigt werden und der Dokumentstruktur entsprechen.
Prüfen der Datei-Eigenschaften - Tagged PDF: Prüfen Sie Ihr PDF auch im Hinblick auf die Datei-Eigenschaften und den Hinweis auf ein „PDF mit Tags“. Dazu öffnen Sie „Datei > Eigenschaften > Registerkarte: Beschreibung“ oder per Shortcut über Strg + D. Hier sollte bei vorliegenden Tags im PDF „Ja“ angegeben sein.
Sind Tags tatsächlich vorhanden? Auch wenn Die Datei-Eigenschaften das Dokument als „PDF mit Tags“ ausweisen sollte man über das Navigationsfenster „Tags“ überprüfen, ob tatsächlich Tags vorhanden sind und ob keine leeren, oder automatisch erzeugten Tags im Strukturbaum hängen. Leere Tags können beispielsweise von Leerzeichen oder Leerzeilen resultieren, die verwendet wurden, um Abstände oder Tabellen zu erzeugen.
Wenn Sie all diese Schritte vollzogen haben und keine Probleme feststellen konnten, dann können Sie sicher sein, dass Sie ein barrierefreies PDF-Dokument vorliegen haben. Letztendlich empfiehlt sich immer die Kombination aus den verschiedenen Testmöglichkeiten, um beispielsweise auch Farbkontraste, oder Auszeichnung von Abkürzungen und Sprachwechseln sowie die korrekte Verlinkung von URLs und E-Mail-Adressen zu testen.
Screenreader-Test mit VoiceOver oder NVDA
Ein Screenreader-Test ist sicherlich nicht zwingen, vermittelt aber einen guten Eindruck, wie ein vermeintlich barrierefreies PDF mithilfe einer Vorlesesoftware ausgegeben wird. Ein Screenreader wird von blinden und sehbehinderten Menschen genutzt und übersetzt "Bildschirminhalte" in gesprochene Sprache, oder gibt sie auf einer Braille-Zeile aus. Auch für diesen Test gibt es mittlerweile gute kostenlose Programme, die man für einen Test heranziehen kann.
Barrierefreie PDF mit VoiceOver testen
Für Apple-Nutzer bietet sich VoiceOver an, seit der durch iPhone allgemein bekannt gewordene Screenreader im Betriebssystem Mac OS integrierte ist. Wenn Sie Zugriff auf einen ein MAC haben, müssen Sie den Screenreader also nicht einmal installieren sondern nur die Tastenkombination „Comand + F5“ drücken, und dann kann es losgehen. Wie man mit VoiceOver testet kann man im englischsprachigen Artikel Using VoiceOver to Evaluate Web Accessibility von WebAIM nachlesen.
Barrierefreie PDF mit NVDA testen
NVDA steht für Nonvisual Desktop Access und ist ein kostenloser, quelloffener und mehrsprachiger Screenreader. Die Sprachausgabe-Qualität ist relativ blechern und erinnert nur wenig an natürliche Sprache – dafür ist das Tool kostenlos. Die NVDA-Sprachausgabe ist halt im wahrsten Sinne des Wortes eine Maschinensprache. Der Screenreader kann über das Startmenü oder die Datei nvda.exe gestartet werden, erwarten Sie aber nicht zu viel, die ungewohnt ungraphische Benutzeroberfläche ist in erster Linie für blinde Menschen gemacht und hat wenig mit einer Oberfläche zu tun, wie man sie von klassischen Desktop-Anwendungen her kennt. Deshalb lässt sich der Screenreader auch am besten über Tastatur steuern.
Über die Tastenkombination Einfg + N erreicht man das Kontextmenü mit allen zentralen Einstellungen. Beispielsweise bringt Sie die Funktionstaste H zur nächsten Überschrift und die Funktion dass der L zur nächsten Liste. Eine genaue Anleitung, wie man den NVDA-Screenreader verwendet findet man bei einfach-fuer-alle. Von allen hier vorgestellten Testmethoden bringt ein Test mit einem Screenreader sicherlich die interessantesten Einsichten. Man bekommt plötzlich eine sehr genaue Vorstellung davon, wie wichtig die korrekte Reihenfolge in einem Dokument ist, wie wichtig Alternativtexte sind, und wie wichtig eine semantisch korrekte Auszeichnung von Überschriften, Linklisten etc. ist.