Probleme barrierefreier PDF-Dokumente
Entscheidungen in der Designphase beeinflussen das spätere PDF
Die Erstellung barrierefreier PDF-Dateien richtet sich nach den Vorgaben der BITV (Barrierefreie Informationstechnik Verordnung). Laut Prüfverfahren des BITV-Tests des BIK-Projekts (barrierefrei informieren und kommunizieren) müssen die Dokumente mindestens die Anforderungen des Prüfschritts Nr. 11.1.1 erfüllen. Dazu gehören unter anderem eine eindeutige TAG-Struktur, die Definition der richtigen Lesereihenfolge, Auszeichnung von Überschriften sowie Absatz- und Listen-Elementen. Darüber hinaus ist eine für Screenreader verwertbare Strukturierung von Tabellen mit Auszeichnung von Zellen ebenso erforderlich, wie die Erstellung von Lesezeichen und die Verfassung beziehungsweise Integration aussagekräftiger Alternativtexte in Grafiken und Bildern.
Das Ziel ist ein semantisch korrektes Null-Fehler-Dokument (Acrobat vollständige Prüfung), das auch im sogenannten Umfließen-Modus fehlerfrei funtkioniert. Die Erfahrung der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass fertige PDF-Dokumente, welche nachträglich barrierefrei umgesetzt werden sollen oftmals erhebliche Problemstellen (oder nennen Sie es Herausforderungen) beinhalten können.
Oftmals wird die barrierefreie PDF-Umsetzung einer Broschüre, eines Jahresberichts oder eines Flyers von der ausführenden Design-Agentur (oder auch vom Auftraggeber) im Vorfeld nicht bedacht. Aber gerade in der Designphase werden viele Entscheidungen getroffen, die erhebliche Probleme für barrierefreie PDF bedeuten können. Diese Probleme können auch von Experten im Nachhinein nicht oder nur mit erheblichem Mehraufwand gelöst werden - vor allem wenn die Quelldatei nicht mehr veränderbar ist, oder nicht vorliegt.
Folgende Problemstellen treten häufig auf
Schriftgrößen und –farben können nachträglich in Adobe Acrobat nicht bearbeitet werden, was zu Kontrastproblemen und Leseschwierigkeiten führen kann. Vor allem mangelnde Farbkontraste sind ein häufig auftretendes Problem bei gelieferten PDF-Dokumenten.
Zu große Quelldateien sind für barrierefreie PDF-Dokumente ungeeignet. Die Dateigröße lässt sich im Nachhinein kaum noch reduzieren, im Gegenteil, sie wird durch die Anreicherung mit semantischen Informationen in der Regel noch größer. Dieses Problem muss bei der Erstellung der Vorlage, beispielsweise aus dem Layoutprogramm InDesign heraus beachtet und vermieden werden. Die ideale Dateigröße von PDF-Dateien für den Einsatz im Internet liegt bei maximal 5 Megabyte.
PDF-Dateien weisen manchmal unaufgeräumte Elemente aus dem Ausgangsformat (z.B.InDesign) auf. Diese Elemente müssen im Vorfeld entfernt werden, was sich auch wieder positiv auf die Dateigröße auswirkt. Gerne werden auch Schnittmarken aus der Druckvorlage vergessen, die natürlich ebenfalls vorher entfernt werden müssen.
Tabellen lassen sich zwar recht gut barrierefrei und semantisch korrekt umsetzen, aber trotzdem treten auch hier oftmal heftige Probleme auf. Falsche Umbrüche in Tabellen sind beispielsweise im Nachhinein nicht mehr lösbar. Nur Probleme dagegen bereiten mehrfach verschachtelte Listen sowie komplex verschachtelte Tabellen in Tabellen, in denen sich dann auch noch mehrfach Grafiken befinden.
Auch grundsätzliche Layoutfehler, wie zu lange Überschriften und weißer Text, der auf weißem Hintergrund verschwindet kann nicht in Acrobat nachträglich korrigiert werden. Gleiches gilt, wenn Text und Grafiken übereinander liegen – das lässt sich ebenfalls nur in der Quelldatei beheben.
Fremdsprachige Broschüren können in vielen Bereichen nur mit Mehraufwand barrierefrei umgesetzt werden – beispielsweise müssen Alternativtext in der fremden Sprache erstellt werden. Hierzu ist die Hilfe eines Übersetzungsbüros manchmal ebenso notwendig, wie die Definition eines reibungslosen Prozesses, damit (um bei diesem Beispiel zu bleiben) Alternativtexte auch dem richtigen Bild zugeordnet werden können. Zudem ist ein abschließender Screenreader-Test ebenfalls nur für jemanden durchführbar, der die entsprechende Sprache, wie beispielsweise französisch oder spanisch auch spricht. Wer schonmal einem Screenreader auf deutsch zugehört hat, der weiß, wie schwer eine solche Software zu verstehen ist. In einer fremden Sprache ist das für die meisten Menschen fast unmöglich.
Probleme bereiten auch komplexe Formeln. Vorneweg, es geht, aber der Aufwand macht sich natürlich im Preis bemerkbar. Um Formeln in Screenreadern darzustellen, gibt es zwei Herangehensweisen, die aufeinander aufbauen. Klar ist, man benötigt für jede Formel, die im PDF verwendet wird, eine ausgeschriebene Variante (z.B. "m ist gleich 1 durch 24 mal I max") sowie eine Möglichkeit, um die Formel maschinenlesbar, z.B. für die Ausgabe auf Braillezeilen, darzustellen. Wie das genau funktioniert, verraten wir an dieser Stelle nicht, etwas müssen wir ja auch für uns behalten.