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Tschüss Barrierefreiheit

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Schon Herbert Grönemeyer fragte 1988 die Republik: "Was soll das?" und wir würden die Antwort auch gerne wissen. Von der Aktion Mensch. Denn dort wurde gerade das Redesign des deutschsprachigen Flagschiffs der Barrierefreiheits-Szene Einfach für Alle online geschaltet. Und damit werden eine Reihe von Fragen aufgeworfen, die alle im Refrain von Herbert Grönemeyer münden.

Schön anzusehen

Klar, das Design ist schon schick anzusehen. Sicherlich polarisiert es auch weit weniger als noch die Vorgänger-Version, die allenthalben starke Diskussionen auslöste. Die neue Website präsentiert sich in freundlichen Farben, die Kopfzeile wirkt nicht mehr so gedrungen und die größere Schrift in der Navigation trägt auch zu einer besseren Lesbarkeit der Seite bei. Schick sind auch die Mouse-Over-Effekte auf Icons, wie zum Beispiel beim RSS-Icon.

Technisch brilliant

Unter der Haube hat sich ebenfalls wieder viel getan. Allen voran die Umstellung auf ein neues Redaktionssystem, aber auch die Einbindung von ARIA-Unterstützung. Genau dafür lieben wir Einfach für Alle: Hier wird heute schon gezeigt, was morgen möglich ist. Manchmal sind die Lösungen sicherlich unkonventionell bis kontrovers, häufig jedoch ihrer Zeit voraus. Schade, dass die tolle Suchfunktion der alten Website nicht mehr vorhanden ist, aber seit der langen Server-Auszeit ist ohnehin nichts mehr, wie es einst war.

Passend gemacht

Sicherlich: Layout ist immer auch Geschmackssache. Mir persönlich gefallen die neuen Farben besser als das bisherige Farbschema. Andererseits liegt hierin auch die große Frage aller Fragen: "Was soll das?" Warum sind die Farbkontraste so schlecht, dass sie nichtmal für Normalsichtige ausreichend sind? Warum laufen Überschriften bei minimalem Skalieren schon unter den Rahmen? Wieso ist das Datum so gesetzt, dass sich bereits bei normaler Auflösung die Buchstaben überlagern? Und weshalb ist die Schriftgröße in der Tag-Cloud auf minimal geschrumpft? Nungut, die Tag-Cloud war ohnehin noch nie das Gelbe vom Ei und eine Verbesserung hätte ihr gut zu Gesicht gestanden, denn das Verschachteln von führt zu keiner nennenswerten Verbesserung der semantischen Bedeutung für Screenreader-Nutzer. Lassen wir sie also außen vor. Was jedoch ist mit den anderen Punkten?

Wir haben großen Respekt vor der Person, die für den Relaunch und das Design verantwortlich zeichnet. Es ist eine der wenigen Lichtgestalten und hat mehr für die Entwicklung der Barrierefreiheit in Deutschland getan, als die meisten anderen Webentwickler zusammengenommen. Das muss man angesichts der harten Kritik, die wir hier äußern, ebenfalls in die Waagschale werfen.

Kritische Stellen

Unsere Kritik muss deshalb so hart ausfallen, weil zwei bis drei wesentliche Eckpfeiler der Barrierefreiheit mit dem Relaunch berührt werden, die uns im alltäglichen Umgang mit Kunden begegnen: Farbkontraste, Schriftgröße und Validität.

  • Farbkontraste:
    Ganz egal, mit welchem Algorithmus wir uns der Seite genähert haben, nur die wenigsten Farbkonraste sind ausreichend. Vor allem im Bereich der Navigation und der Überschriften sind die Kontraste derart schlecht, dass man nicht von "knapp daneben" sprechen kann. Wer mit einem Werkzeug, wie dem Colour Contrast Analyzer dann auch noch für die verschiedenen Farbenblindheitsarten das Kontrastergebnis anzeigen lässt, kommt aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus.
  • Schriftgröße:
    Generell ist die Schriftgröße in Ordnung und sicherlich mehr als ausreichend. Einzig die Maximalbreite der Seite hätte man vielleicht für bessere Lesbarkeit der Zeilen optimieren können, aber niemand ist gezwungen, seinen Browser im Vollbild zu öffnen und eine Website zu betrachten. Anders sieht es da schon mit der Tag-Cloud und diversen weiterführenden Links aus: Hier ist die Schriftgröße deutlich zu klein geraten und gerade auf Grund der miserablen Kontrastverhältnisse nicht mehr ausreichend. Dass die Überschriften bei minimaler Skalierung unter die Rahmen rutschen und nicht mehr lesbar sind, muss man an dieser Stelle auch noch einmal erwähnen.
  • Validität:
    Natürlich wissen wir, dass man bei Verwendung von ARIA-Markup nicht damit rechnen kann, dass der altersschwache Validator des W3C darauf anspringt. Aber weiß das auch jeder Nutzer, der die Seite aufsucht? Da wird es schon knifflig, zumal der Umfang der EfA-Website inzwischen gigantisch ist und man nicht jeden Informationsfetzen dort lesen kann. Zumindest sollte man an prominenter Stelle darauf hinweisen, dass die Seite nicht validiert und warum das so ist.

Signalwirkung

Wenn Einfach für Alle diese Eckpunkte nicht berücksichtigt, warum sollte dann irgendwer im Land sich darum kümmern? Als Mit-Ausrichter der BIENE sollten die Verantwortlichen mehr Feingefühl beweisen. Sind Farbkontraste jetzt egal? Müssen Seiten und CSS-Dateien nicht mehr validieren? Darf ich die minimale Schriftgröße knapp oberhalb von mikroskopisch anlegen? Ist Skalierbarkeit egal? Fragen über Fragen. Es sind keineswegs unrealistische Fragen, sondern existenzielle Fragen für die Barrierefreiheit. Kleines Beispiel gefällig? Gern. Bei einem Kunden präsentieren wir ein neues Layout, haben dabei auf Farbkontraste, Schriftgröße, Skalierbarkeit und vieles mehr geachtet. Der lapidare Kommentar des Kunden: Machen Sie doch die Schrift hellgrau und den Hintergrund in einem hellen Blau, das gefällt uns besser. Nein, tun wir nicht, wäre hier unsere Antwort. Es ist nämlich nicht barrierefrei. Da gibt es Farbkontraste, die sind gut und andere, die sind schlecht. Wir müssen zwischen allem die Balance finden. Für die anderen Punkte gibt es ebensolche Beispiele.

Wenn also nun die Aktion Mensch mit dem Flaggschiff der Barrierefreiheit ausschert, nimmt sie allen ernsthaft um Barrierefreiheit bemühten Dienstleistern den Wind aus den Segeln. Eine derartige Seite würde die erste Runde bei der BIENE nicht überstehen und wenn sie es doch täte, würde sich jedermann über den Kriterienkatalog wundern. Bitte, liebe Verantwortliche bei der Aktion Mensch, macht Einfach für Alle wieder zu der Vorreiter-Website der Barrierefreiheit. Es muss möglich sein, Innovation und Barrierefreies Webdesign unter einen Hut zu bekommen, denn das beweisen BIENE-Gewinner der vergangenen Jahre. Warum nicht auch EfA?

Hinweis: Wir mussten den Artikel leider ändern und bitten alle Leser um Verständnis.

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