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Statistisch gesehen eine Nullnummer

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Die Herrscher über alle Statistiken in deutschen Landen haben einen neuen Internetauftritt. Das Wort "Bundesamt" verrät dem geneigten Leser, dass es sich um einen Auftritt handelt, der den Bestimmungen der BITV unterliegt. Und damit beginnt unser erster öffentlicher Test seit langer Zeit.

BITV: Von der Statistik nicht erfasst?

Bisher scheint man die BITV noch nicht auf dem Fahrplan gehabt zu haben, denn in der aktuellen Pressemitteilung vom 13.06.2007 preist man die "Umsetzung der Vorgaben der "Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV)" als absolute Neuerung. Moment. Neuerung? Sollten nicht seit Ende 2005 alle Bundesauftritte den Bestimmungen der BITV entsprechen? Und ist nicht das Statistische Bundesamt in Wiesbaden einer dieser Kandidaten? Ein Blick in die Liste der siebzig verpflichteten Bundesbehörden weist das Statistische Bundesamt als Oberbehörde aus − BITV-Verpflichtung eingeschlossen.

Nungut, rund 18 Monate nach Ablauf der Frist gibt es nun also eine barrierefreie Seite. Oder sagen wir lieber: Soll es eine zugängliche Version geben. Mit der neu gestalteten Website hat man dieses Ziel jedenfalls nicht erreicht. Schon der erste Eindruck der Seite ist unbefriedigend: Horizontale Scrollbalken trotz 1024 x 768  Auflösung, bei niedrigeren Auflösungen wird es sogar noch schlimmer. Zum Zeitpunkt des Tests nervte zudem die lange Ladezeit, was aber am Ansturm auf den neuen Auftritt liegen könnte, denn grafisch anspruchsvoll oder ansprechend ist die neue Website nicht und daher entsprechend schlank im Hinblick auf die Dateigröße.

Viele Fehlerquellen, noch mehr Barrieren

Ganz klar: Die BITV wurde nicht eingehalten. Bestes Beispiel hierfür ist das Kontaktformular. Neben einem iframe und selbstgebastelten Tags wie "bolignore" ist es vor allem die Handhabung von falschen Eingaben, die einem die Haare zu Berge stehen läßt. Fehler werden über Farbe allein repräsentiert. Eine Rückmeldung für Screenreader-Nutzer bleibt aus. Man darf also raten, welches Feld falsch befüllt wurde. Oder die unsichtbare Funktion zur Maximierung des Inhalts: Mit Hilfe von ALT (+ UMSCHALT) + 3 kann man alle Navigations-Elemente ausblenden und erhält nur die Inhalte im Fenster. Warum ist diese Funktion aber nur für Screenreader-Nutzer verfügbar? Fragen über Fragen.

Es wäre alles nicht so schlimm, wenn das die einzigen Verfehlungen in einem großen Auftritt wären. Leider gibt es aber noch viele weitere Punkte, die wir bei unserem Kurztest entdeckt haben. In der maximierten Version ist beispielsweise dem Logo "Statistisches Bundesamt Deutschland" kein Alternativtext zugeordnet. Gleiches gilt auch für das DESTATIS-Logo. Letzteres schwächelt beim Alternativtext in allen Seitenvorlagen: Statt "DESTATIS - wissen. nutzen." und vielleicht auch einer adäquaten Langbeschreibung des Logos steht dort nur "Statistisches Bundesamt Logo". Ein Screenreader-Nutzer bekommt zweimal hintereinander diese Information vorgelesen, denn im Quelltext liegen beide Grafiken direkt hintereinander.

Bleiben wir beim Gesamtrahmen: Keine der von uns getesteten Seiten entsprach zum Zeitpunkt des Tests den W3C-Anforderungen für XHTML 1.0 Transitional. Keine Seite enthält Angaben zum verwendeten Zeichensatz. Keine Seite trennt Inhalt und Verpackung sauber voneinander. Und der ausgegebene Quelltext enhält mehr Leerzeilen als echten Code, aber das ist nur unschön und keine Barriere. Bei Überschriften-Elementen konnte man sich scheinbar nicht einigen, daher beginnt man mal mit ´"h1", macht dann mit "h4" weiter oder nutzt konsequent nur "h2" zur Auszeichnung. Eine echte Orientierungshilfe sind Überschriften so jedenfalls nicht. Ähnlich negativ sind Links mit dem Verweis "mehr zum Thema" und dem title-Attribut "Lesen Sie den ganzen Artikel". Als Linkliste im Screenreader klingt so etwas besonders lustig, wenn man es mindestens fünfmal hört.

Schwächen bei der Usability 

Wir könnten den Bogen der Verfehlungen gegenüber der BITV noch weiter spannen, bis hin zu Layout-Tabellen und Navigations-Problemen. Letztere sind vor allem aus Usability-Sicht problematisch: Der Ariadne-Pfad weist zwar den Weg, allerdings ist die aktive Seite immer noch klickbar. Gleiches gilt mitunter für die Navigation, die zwar flach, aber dafür nahezu unverständlich ist. So führt der Link "nach oben" nicht etwa zum Anfang der Seite, sondern eine Ebene zurück im Navigationsbaum. Hier sollte man unbedingt an der Benennung arbeiten. Gleiches gilt für den Link "Home", der besser mit "Startseite" betitelt würde und ob jeder Benutzer den Begriff BITV kennt, wagen wir zu bezweifeln.

Fazit

Die Abwesenheit von Design wird leider nicht durch höchstmögliche Barrierefreiheit kompensiert. Im Gegenteil: Die Website kann den selbst definierten Anspruch der BITV-Konformität nicht halten, von Barrierefreiheit wollen wir also gar nicht erst sprechen. Warum wir hier so vehement argumentieren? Es ist eine obere Bundesbehörde, die sich mit den Federn der BITV auch in der Presse schmückt, wenngleich rund 18 Monate nach Ablauf der Frist. Da darf und muss man mehr erwarten. Vor allem vor dem Hintergrund, dass Kommunen in NRW und anderswo zu besseren Lösungen in der Lage sind und die Herausforderung Barrierefreiheit annehmen. Wie man Barrierefreiheit in der Praxis richtig und gut umsetzt, davon können sich Interessenten dann am 05.10. beim BOA-Symposium in Düsseldorf überzeugen. Hoffentlich hat das Statistische Bundesamt bis dahin aber schon nachgebessert.

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