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Standards für Accessibility-Audits – Zur neuen Handreichung der BFIT-Bund

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Wer schon mal mit dem Thema Digitale Barrierefreiheit zu hatte, durfte vielleicht schon die Erfahrung machen, dass Accessibility-Audit nicht gleich Accessibility-Audit ist. Kurz gesagt, die Qualität in Bezug auf Genauigkeit, Umfang, Aussagekraft und Nutzen von Audits sind oft sehr unterschiedlich. Genau hier setzt die neue Handreichung „Qualitätskriterien für die Begutachtung der Barrierefreiheit“ der Überwachungsstelle des Bundes (BFIT-Bund) an. Wer ein Accessibility-Audit beauftragt, soll sich darauf verlassen können, dass das Audit hält, was es verspricht – egal, wer es erstellt.

Warum einheitliche Qualitätskriterien wichtig sind

Durch unsere Arbeit bei anatom5 – insbesondere im Rahmen unseres Barriere-Check Pro und als Prüfstelle im BIK BITV-Testverfahren – werden wir regelmäßig mit sehr unterschiedlichen Prüfberichten konfrontiert werden. Das Spektrum reicht von rein automatisierten Schnelltests mit Standard-Prüftools (ohne jede manuelle Prüfung oder Kontextanalyse) über unübersichtliche Excel-Tabellen, in denen nur weitgehend kommentarlos die WCAG-Anforderungen mit einem „erfüllt“ oder „nicht erfüllt“ bewertet werden, bis hin zu wilden Eigenentwicklungen, bei denen nicht einmal klar ist, welche Methodik überhaupt angewendet wurde. Was oft fehlt: eine detaillierte Fehlerbeschreibung, konkrete Lösungsvorschläge und die Berücksichtigung realer Nutzungsszenarien – insbesondere im Zusammenspiel mit Hilfstechnologien, wie Screenreader.

Die neue Handreichung der BFIT-Bund liefert nun eine hilfreiche, systematische Grundlage, um BITV-Gutachten nachvollziehbar und vergleichbar zu machen. Sie schafft Klarheit für Auftraggebende und macht deutlich, was ein qualifiziertes Gutachten tatsächlich leisten muss. Aus meiner Sicht eine wichtige Hilfe für alle, die ein Barrierefreiheits-Audit bzw. Accessibility-Audit in Auftrag geben wollen und sich zwischen verschiedenen Angeboten entscheiden müssen.

Die wichtigsten Punkte der Handreichung

Die neue Handreichung der Überwachungsstelle des Bundes (BFIT-Bund) beschreibt Mindeststandards für die Inhalte und Form eines Gutachtens. Hier einige Kernforderungen in Kürze:

  • Transparenz und Nachvollziehbarkeit: Der Prüfgegenstand muss eindeutig benannt und beschrieben sein – inklusive Seitenauswahl, Prüfzeitraum, Name des Prüfers oder der Prüferin und verwendete Prüftools.
  • Klar definierter Prüfumfang: Die Auswahl der getesteten Seiten oder Funktionen darf nicht willkürlich sein, sondern muss nachvollziehbar, methodisch und repräsentativ erfolgen und muss zur Zielanwendung passen.
  • Klare Prüfergebnisse: Dazu gehören eine verständliche Zusammenfassung (ohne Fachchinesisch), eine Übersicht der Anforderungen und eine strukturierte Mängelliste, idealerweise auch maschinenlesbar (CSV, XML). Prüfergebnisse müssen konkreten Anforderungen der korrekt zugeordnet sein. Und es muss nachvollziehbar sein, ob es sich bei den beschriebenen Ergebnissen um Verstöße oder Best Practice Empfehlungen handelt.
  • Konkrete Problembeschreibungen: gefundene Barrieren müssen mit Bezug zu Normen (z. B. EN 301 549), Zielgruppen und eingesetzten Hilfsmitteln – und ohne verwässernde Begriffe wie „barrierearm“ beschrieben werden. Am besten mit Screenshots und Quellcode-Referenz. Darüber hinaus sollten, wenn möglich nicht nur das Problem, sondern auch Lösungsansätze formuliert werden. 
  • Anforderungen an Prüfende: Barrierefreiheitsgutachten sollen von Fachleuten mit fundierter Praxiserfahrung und nachgewiesener Fachkompetenz. Dazu gehören mehrjährige Erfahrungen in der Begutachtung und dem Testen von Web-Anwendungen auf Barrierefreiheit, sicherer Umgang mit User-Interface-Komponenten gemäß EN 301 549, sowie praxisnahe Kenntnisse im Einsatz von Hilfstechnologien wie Screenreadern, Bildschirmvergrößerung mit Sprachausgabe und Sprachsteuerung. Darüber hinaus wird Erfahrung aus der konkreten Mitarbeit in Entwicklungs- oder Beratungsprojekten zur digitalen Barrierefreiheit erwartet. Das ist sicherlich nicht wenig, aber nur so entstehen belastbare Audit-Aussagen.
  • Dokumentqualität: Auch das Gutachten selbst muss barrierefrei sein – z. B. als PDF/UA-konformes Dokument oder als barrierefreie HTML-Version.

Barriere-Check Pro und BIK BITV-Test

Sowohl für den Barriere-Check Pro (unsere Eigenentwicklung) als auch beim BIK BITV-Test, den wir als Prüfstelle anbieten können, gelten bereits die Qualitätsmaßstäbe, wie sie die neue Handreichung fordert – und zwar nicht nur in der Theorie.

Beide Verfahren setzen auf erfahrene Prüferinnen und Prüfer, die nicht nur die technischen Anforderungen kennen, sondern auch die Nutzung assistiver Technologien wie Screenreader im praktischen Einsatz beherrschen. Beim BIK BITV-Test sorgt darüber hinaus ein systematisches Vieraugenprinzip für zusätzliche Qualitätssicherung und weitgehend einheitliche Prüfergebnisse – ein wichtiger Faktor für die Aussagekraft eines Gutachtens.

Das Prüfverfahren des BIK BITV-Test ist öffentlich dokumentiert und auch der Barriere-Check Pro wurde bereits von der Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit in der Informationstechnik vorgestellt. Beide Verfahren orientieren sich an den offen zugänglichen Werkzeugen aus der BIK BITV-Werkzeugliste und gewährleistet so eine methodische und technische Nachvollziehbarkeit.

Die Ergebnisse beider Prüfverfahren werden in beiden Verfahren in barrierefreien Formaten bereitgestellt – sowohl als HTML-Fassung als auch als PDF/UA-konformes PDF. Für die Integration in interne Prozesse bieten beide sowohl der BITV-Test von BIK als auch der Barriere-Check Pro zusätzlich strukturierte Exportformate, z. B. zur Anbindung an GIRA oder GitLab.

Fazit: ein Gutachten ist keine Meinung

Mit der neuen Handreichung „Qualitätskriterien für die Begutachtung der Barrierefreiheit“ schafft die BFIT-Bund endlich eine fundierte Grundlage, um Accessibility-Audits nachvollziehbar, vergleichbar und belastbar zu machen. Sie bringt längst überfällige Standards in ein Feld, das bislang zu oft von intransparenten Methoden, uneinheitlichen Ergebnissen und fehlender Praxisnähe geprägt war. Für Auftraggebende bedeutet das: mehr Sicherheit bei der Auswahl von Gutachtenden und mehr Klarheit über die Qualität des Audits. Für Anbieter wie anatom5, die schon jetzt mit etablierten Verfahren wie dem BIK BITV-Test und dem Barriere-Check Pro arbeiten, ist die Handreichung eine willkommene Bestätigung – und ein Ansporn, die Messlatte für gute Accessibility-Audits weiter hochzuhalten.

BITV-Test und Beratung

Wir sind bereits mehrere Jahre offizielle Prüfstelle im BITV-Test-Prüfverbund und können Ihnen den BIK BITV-Tests anbieten – entweder als Konformitätstest (BITV-Test zur Veröffentlichung) oder einen Projekt begleitenden BITV-Test, der aufgrund einer geringeren Seitenauswahl (Stichprobe) zwar günstiger ist, aber nicht veröffentlicht werden darf. Sprechen Sie uns an, wir erstellen Ihnen gerne ein unverbindliches Angebot für einen BIK BITV-Test. Neben diesen Tests können wir Ihnen auch eine vereinfachte Überprüfung sowie unseren eigenen Barriere-Check Pro (erweiterter BITV-Test) anbieten

BITV-Prüfung anfragen

Barrierefreie PDF

Tag-Baum Barrierefreie PDF-UA PDF erstellen nach BITV und EN301549

Von uns erhalten Sie garantiert barrierefreie PDF. Alle Dokumente werden mit Screenreader und dem PDF Accessibility Checker überprüft und validiert. Auf Wunsch erhalten Sie auch einen Prüfbericht von uns.

Barrierefreie PDF von anatom5

Barrierefreies Internet

Als Agentur für Universelles Design und Herausgeber des Barrierekompass, hat anatom5 seit 2003 eine weitreichende Expertise im Bereich barrierefreie Informationstechnologie erlangt.

Spezialisierte BITV-Agentur

Die Leistungsfelder umfassen das gesamte Thema Barrierefreiheit nach BITV: Barrierefreies Internet, Barrierefreie PDF, Barrierefreies Responsive Design, Usability & Accessibility Konzeption, Leichte Sprache, Einfache Sprache, UI-Design, BITV-Testing, Schulungen und Workshops.

Ausgezeichnete Barrierefreiheit

Die intensive Beschäftigung mit digitaler Barrierefreiheit spiegelt sich auch in diversen Auszeichnungen wider, die anatom5 seit 2003 erhalten hat, darunter 10 Nominierungen für einen BIENE-Awards der Aktion Mensch.

Digitale Barrierefreiheit