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Guido unterstützt Barrierefreies Internet

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Nein, mit "Guido" ist nicht Guido Westerwelle gemeint, obwohl wir sicher sind, dass auch Guido Westerwelle als liberaler Politiker und FDP-Vorsitzender sich für Barrierefreiheit im Internet stark macht. "Guido" oder besser gesagt "Virtual Guido" ist eine datenbankbasierte Technologie, die hörbehinderten und gehörlosen Internetnutzern die Benutzung des Internets erleichtern soll.

Zumindest auf den Internetseiten der Stadt Hamburg. Denn die will "Virtual Guido" ab Ende September auf ihrer Seite gebaerden.hamburg.de präsentieren und gehörlosen Internetnutzern mit gebärdeten Hinweisen und Tipps bei Behördengängen unterstützen.

Besonders die 80.000 Gehörlosen in Deutschland, die sich per Gebärdensprache verständigen, haben Probleme mit dem Internet. Denn: Schriftdeutsch können sie nur begrenzt lesen, es ist für sie praktisch eine Fremdsprache.

Gebärdenvideos sind daher eine große Hilfe. Allerdings funktionieren diese Gebärdenvideos zur Zeit nur dort, wo sich Inhalte von Internetseiten nicht oft ändern. Ansonsten müssten die Videos nämlich ständig neu produziert werden, was natürlich in der Praxis viel zu kosten- und zeitintensiv wäre. Mit "Guido" will die Stadt Hamburg genau dieses Problem lösen. Denn die Software, an der Experten des Instituts für Gebärdensprache fast zwei Jahrzehnte lang geforscht haben, kann auf eine Datenbank mit über 10.000 Wörtern zurückgreifen, von denen jedes einzelne Wort in ein so genanntes Hamburger Notations-System (HamNoSys) übersetzt wurde.

Findet "Guido" ein Wort auf der Website in seiner Datenbank, drückt er die dem Wort entsprechenden HamNoSys-Symbole als Gebärdensprache aus. Vorteil dieser Technik: Webseiten zu aktualisieren, ist deutlich einfacher, da nur die geänderten Inhalte für die Gebärdensprache aufbereitet werden müssen und nicht mehr die gesamte Seite.

Doch auch zwanzig Jahre Entwicklungsarbeit können noch nicht darüber hinwegtäuschen, dass "Guido" noch in den Kinderschuhen steckt. Genau wie Übersetzungsmaschinen, kann "Guido" nämlich nur das wiedergeben, was ihm beigebracht wurde. Damit fehlt der Software leider die Fähigkeit zu differenzieren und Mehrdeutigkeit zu erkennen. Denn so wie in der Schriftsprache Worte mehrere Bedeutungen haben können, so kann auch in der Gebärdensprache eine Geste mehrdeutig sein. Ihr Sinn erschließt sich erst aus dem Zusammenhang. Zusätzlich erschwerend wirkt die Tatsache, dass es auch im Bereich der Gebärdensprache weder einen deutschen, noch einen internationalen Standard gibt.

Trotz aller Schwierigkeiten sieht sich das Hamburger Institut für Gebärdensprache mit seiner neuen Technik auf einem guten Weg und spielt daher mit dem Gedanken als nächstes ein Radioprogramm für Gehörlose zu entwickeln. Bei aller Euphorie des original Stern-Artikels, muss allerdings in Bezug auf "Virtual Guido" Gebärdensprachtalent noch Skepsis erlaubt sein. Denn bei einer vergleichsweise einfachen Aufgabe tun sich Screenreader heute noch schwer. Und dabei müssen Screenreader keine Übersetzungsarbeit leisten, sondern "nur" vorhandenen Text ablesen. Wie komplex Übersetzungsleistung dagegen ist zeigt der Markt professioneller Übersetzungssoftware. Kauderwelsch und grober Unfug sind nicht selten das Ergebnis. Bleibt zu hoffen, dass "Guido" für alle Beteiligten ein zufrieden stellendes Ergebnis liefert.

Wie gesagt basiert "Guido" auf dem Hamburger Notationssystems (HamNoSys), dessen generelle Struktur auf den Internetseiten des Instituts für Deutsche Gebärdensprache der Universität Hamburg wie folgt beschrieben wird:

Eine HamNoSys-Notation einer Einzelgebärde beschreibt die Anfangskonfiguration, die sich aus nonmanuellen Komponenten, Handform, Handstellung und Lokation zusammensetzt, sowie die Aktionen, die im zeitlichen Nach- oder Nebeneinander die Parameter der Anfangskonfiguration verändern können. Bei zweihändigen Gebärden ist der Anfangskonfiguration ein Symmetrieoperator vorangestellt, der die zweihändige Gebärde als solche kennzeichnet und beschreibt, wie sich die Angaben zur dominanten Hand auf die nicht-dominante übertragen, sofern nicht explizit etwas anderes festgelegt wird.

Alles klar? Gut. Ob "Virtual Guido" mit normalen Texten klar kommt oder speziell vereinfachte Texte benötigen wird ist abzuwarten. Mit solchen Mammutkonstrukten dürfte die Software allerdings unbesehen überfordert sein. Trotzdem sind wir auf das Ergebnis der Stadt Hamburg sehr gespannt. Denn sollte das Projekt erfolgreich verlaufen, müsste damit die Frage, wie in Zukunft barrierefreies Internet für Gehörlose mit Gebärdensprachvideos kostengünstig realisiert werden kann, geklärt sein. Die vom Gemeinwesen finanzierte, zwanzigjährige Entwicklungsarbeit der Universität Hamburg wird dann sicherlich als kostenlose Version der Allgemeinheit zur Verfügung stehen?! Der Barrierekompass stellt seine Plattform für weitere Experimente dann gerne zur Verfügung.

"Virtual Guido" muss sich indes beeilen, denn zwanzig Jahre Entwicklungsarbeit sind in der Informationstechnologie eine enorme Zeitspanne. Zwar kommt "Guido" für die Barrierefreie Informationstechnik gerade rechtzeitig, doch unerwartete Schützenhilfe könnte ihn vielleicht wieder überflüssig machen, bevor er richtig erwachsen geworden ist. Die Zeit berichtete kürzlich über eine Paralellentwicklung, die Gehörlosen zukünftig Hilfe verspricht: Das Cochlea-Implantat. Die elektrisch betriebene Innenohr-Prothese ist die Hoffnung für gehörlose Menschen, für die es vor einigen Jahren noch keine Hilfe gab. Mit dem Radioprogramm für Gehörlose sollte sich das Institut für Deutsche Gebärdensprache der Universität Hamburg also nicht nochmal zwanzig Jahre Zeit lassen.

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